Literaturfestival „Out of Joint“ 2021: Lesung und Gespräch mit Marica Bodrožić

Dienstag, 05. Oktober 2021, 18:00 Uhr
Literaturhaus | Saal, Elisabethstraße 30, 8010 Graz, Österreich
Moderation: Cornelius Hell
Eintritt: € 8,- / € 5,- (erm.)
© Peter von Felbert

Marica Bodrožić liest aus ihrem neuen Essay „Pantherzeit“ beim Literaturfestival Out of Joint: Was lesen? Was schreiben? Was tun? – Das Literaturfestival im steirischen herbst (Montag, 4.10. bis Freitag, 8.10.2021).

ZUM FESTIVAL OUT OF JOINT. Das Literaturfestival im steirischen herbst:
„Als indessen die Heftigkeit der Seuche zunahm, hörten alle diese Bräuche ganz oder teilweise auf, und neue traten an ihre Stelle. Denn nicht allein starben die meisten, ohne daß viele Frauen zusammengekommen wären, sondern gar manche verließen das Leben ohne die Gegenwart eines einzigen Zeugen, und nur wenigen wurden die mitleidigen Klagen und die bitteren Tränen ihre Angehörigen vergönnt. Statt dieser hörte man nun meist geselliges Lachen, Scherze und Gespött, eine Weise, welche die Frauen, ihr weibliches Mitleid großteils verleugnend, um sich gegen die Krankheit zu wahren, meisterlich gelernt hatten. 
Giovanni Boccaccio: Das Dekameron (1348-1353), aus dem Italienischen von Karl Witte.
In Florenz wütet die Pest. Sieben Frauen und drei junge Männer ziehen sich auf einen Landsitz in der Nähe der Stadt zurück und erzählen sich über zehn Tage hinweg jeweils zehn Geschichten. Um zu überleben, sich abzulenken und zu unterhalten. Boccaccios Dekameron, ein Meisterwerk der Weltliteratur, zelebriert eine neue und andere Lebensform inmitten der Pandemie: Für jeden Tag wird von der Gruppe eine Königin oder ein König gewählt, der den Themenkreis der Geschichten vorgibt, an zwei Tagen herrscht freie Wahl. So entwickelt sich ein Erzählen mit und gegen den Zustand der Welt.
Wie haben wir uns im Ausnahmezustand eingerichtet? Was haben wir gelesen? Was wurde geschrieben? Was ist oder wäre jetzt zu tun? Nicht nur Gespräche, die uns gefehlt haben, sondern auch Elemente eines neuen Dekamerons bietet die Veranstaltung: Autorinnen und Autoren wurden eingeladen, uns mit Texten zu versorgen, die uns im Augenblick gefallen oder nützen könnten. Sollen wir unser Leben dauerhaft ändern oder möglichst rasch vergessen, was in den letzten eineinhalb Jahren Sache war? Diese Frage greift am Ende auch unsere Literaturshow  Roboter mit Senf auf.“

Eintritt: je Veranstaltung 8/5 Euro, Tagespass: 12/8 Euro.

ACHTUNG! CORONA-Maßnahmen:
Sicherheitsvorkehrungen gemäß den aktuellen Vorschriften.
Kartenreservierung nur online über unsere Homepage bis spätestens 16.00 Uhr des Veranstaltungstages. Reservierungen müssen namentlich erfolgen. Pro Person ist nur die Reservierung eines einzigen Sitzplatzes möglich. Mehrfachanmeldungen unter gleichem Namen sind ungültig! Reservierungen verfallen, wenn die Karten nicht spätestens 15 Minuten vor Veranstaltungsbeginn an der Abendkassa abgeholt werden. Restkarten in der Reihenfolge des Eintreffens an der Abendkassa.

ZUM BUCH:
Als im Frühling 2020 die Welt zum Stillstand kam und auch die Erde durchzuatmen schien, las Marica Bodrožić zwei Monate lang auf ihrem Balkon jeden Abend Rilkes Gedicht „Der Panther“. Wilder als alles Vergängliche, schreibt sie, der eigenen Eingesperrtheit zum Trotz, sei der Wunsch des Menschen in Freiheit zu leben. Was aber können wir tun, wenn wir gar nichts mehr tun können? Dieser hybride Text tastet die seelischen Landschaften ab, die nur ein radikaler Rückzug möglich macht. Offenbar werden dabei nicht nur die eigenen schmerzverzahnten Lebensthemen, sondern auch die daraus funkensprühende Sprache der Transzendenz. Marica Bodrožić ist schreibend den kathartischen Weg der Mystiker und Philosophen gegangen und hat, auf den geistigen Spuren u. a. von Teresa von Avila und Vladimir Jankélévich, den Eingang in ihre „innere Burg“ gefunden.
Entstanden ist dabei eine philosophische Reflexion über die Kraft der Grenze und des Schweigens, über Nähe und Liebe, über die Erfahrung von körperlichem Schmerz und die hinter dem Schmerz sprechende Syntax der Heilung. Dieser Essay ist Anrufung und Gebet, eine Feier der Langsamkeit und Genauigkeit, ein Niederknien vor der Gnade und den Verwandlungen des Lebens. Hellfühlig, rigoros, poetisch und politisch zugleich erzählt dieser Text davon, auf welche Weise jeder einzelne Mensch zählt und dass sein Wert nicht verhandelbar ist.

Weitere Informationen zum Buch finden Sie HIER.


www.literaturhaus-graz.at


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