Der Otto Müller Verlag
Otto Müller wurde 1901 in Karlsruhe geboren. Er gehörte zu jenen Deutschen, „die nach Österreich kommen, um sich in das Land zu verschauen und ihre neuen Landsleute unverweilt an österreichischem Patriotismus zu übertreffen. Nach Lehrjahren in Druckereien, Buchhandlungen und Verlagen gründete Otto Müller 1937 in Salzburg sein eigenes Unternehmen, das sich klar gegen jene Verlage positionierte, die in Deutschland gerade auf nationalsozialistische Linie gebracht wurden.“ (Aus der Festrede von Karl-Markus Gauß zum 75-jährigen Verlags-Jubiläum).
Mit zahlreichen Publikationen aus dem Bereich der Theologie, mit Autoren wie Paul Claudel, Josef Leitgeb, und vor allem mit dem Erwerb der Rechte am Werk Georg Trakls im Jahr 1938 werden bereits in den ersten Jahren die Grundzüge des Programmes etabliert.
„Ihm schwebte ein Universal-Verlag vor, in dem von der Lyrik zum Sachbuch, von der Dokumentation heimischen Brauchtums zur Neuübersetzung der Kirchenväter, vom Unterhaltungsroman zur theologischen Studie alles seinen Platz haben sollte. Er ging das mit so viel Geschick an, dass die Gestapo, als Österreich zur Ostmark geworden war, auf ihn aufmerksam wurde.“ (Aus der Festrede von Karl-Markus Gauß)
Im Dezember 1939 wird Otto Müller wegen Unvereinbarkeit der Verlagsarbeit mit dem nationalsozialistischen Regime mit der Begründung: „Sein Verhalten ist geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung zu den Anordnungen des Staates zu erschüttern“, verhaftet. Im Juli 1940 entlassen, wurde Otto Müller erneut in Haft genommen. Er hatte ein Jahr Gefängnis hinter sich, als er unter der Bedingung frei kam, seinen Verlag unverzüglich zu liquidieren. 1941 kommt es zu einem Zwangsverkauf. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs konnte Otto Müller seine verlegerische Tätigkeit wieder aufnehmen und erhielt Ende Oktober 1945 von der amerikanischen Militärregierung das „Permit“ zur Wiedereröffnung seines Verlages, der sehr schnell zu einem der bedeutendsten Häuser in Österreich wurde. Eines der ersten Bücher, die Müller 1945 publizierte, war Leonhard Steinwenders Rechenschaftsbericht „Christus im Konzentrationslager“; fast zeitgleich erschien „Pfingstreise“, das erste von zahlreichen Büchern Karl-Heinrich Waggerls, der von Gnaden der NSDAP Bürgermeister von Wagrein wurde, als sein späterer Verleger gerade in Gestapo-Haft ging.
In einem Jahrzehnt baute Otto Müller seinen Verlag wieder auf, bis er, kurz vor seinem 55. Geburtstag, am 10. Februar 1956 verstarb. Gerade einmal 23-jährig trat die jüngere der beiden Töchter Otto Müllers die Nachfolge an und leitete den Verlag sieben Jahre lang.
Bis 1986 waren die Eigentümer des Verlags schließlich nicht mehr selbst in diesem tätig. Die Struktur blieb die gleiche, der Verlag verlor jedoch an unverwechselbarem Profil und an Bedeutung. Die Geschäftsführung des inzwischen hoch verschuldeten Verlags übernahm, 25-jährig, nun Arno Kleibel; viertes von sechs Kindern der älteren Tochter Otto Müllers, der sich die Entschuldung und eine Neuorientierung des Verlags zum Ziel nahm. Seither leitete Arno Kleibel den Verlag. Im Mai 2023 gab er die Verlagsleitung an Nadine Hötzendorfer-Fejzuli ab.
Karl-Heinrich Waggerl, Josef Weinheber, Giovanni Guareschi, Christine Busta, Christine Lavant, Gerhard Fritsch, H.C. Artmann, Marica Bodrožić, Carolina Schutti, Erwin Riess, Leopold Federmair, Hanna Sukare, Dietmar Krug, Christine Haidegger, Eugenie Kain, Christian Schacherreiter, Karin Peschka, Birgit Müller-Wieland, Iris Wolff, Elisabeth Reichart, Ursula Wiegele, Cvetka Lipuš sind nur einige der vielen namhaften Autoren, deren Werke im Otto Müller Verlag seitdem veröffentlicht wurden. Neben zeitgenössischer Belletristik und Lyrik bildet die Zeitschrift „Literatur und Kritik“, die von 1991 bis 2022 von Karl-Markus Gauß herausgegeben wurde und deren Herausgeberschaft 2023 von Ana Marwan übernommen wurde, einen weiteren Programmschwerpunkt.