Lesung: Sarah Kuratle aus „Greta und Jannis“
Waggerlhaus | Museum Wagrain, Karl-Heinrich-Waggerl-Straße 1, 5602 Wagrain, Österreich

Sarah Kuratle liest aus ihrem Debütroman „Greta und Jannis„:
Jede Berührung ist Teil einer Schuld, die älter ist als sie selbst.
Greta und Jannis waren Nachbarskinder. Als Jannis Greta schüchtern
fragte, ob er ihr Bruder sein darf, war sie einverstanden. Jahre später
küsst sie ihn mitten auf den Mund. Sie verlieben sich wie naturgewollt –
und dürfen doch kein Liebespaar sein. Ein Geheimnis ihrer Familien, ein
Geröllfeld, bald ein ganzer Gebirgszug liegt zwischen ihnen. Während
Jannis in der Stadt bleibt, zieht sich Greta ins letzte Dorf im Gebirge
zurück, wo vieles anders ist, als es scheint. Die Kinder, die sie mit
ihrer Großtante Severine umsorgt, wurden ausgesetzt – weil es ihnen an
Kraft und Ausdruck fehlte. Täglich schimpft Severine über die Väter und
schweigt über die Mütter: „Hast du Gott heute schon gedankt, dass du
keinen Mann hast?“ „Nein, aber ich werde es noch machen“, antwortet
Greta dann und sagt nicht, wohin sie für Tage, mehr noch für die Nächte
durchs Gebirge reist.
Sarah Kuratles betörend schöner Debütroman
führt in eine zart schwebende, intime, zuweilen surreale Welt. Er bewegt
sich in einem märchenhaften Raum, der sich einer zeitlichen und
geografischen Zuordnung entzieht. In eindrucksvollen Bildern ergründet
die Autorin den Zauber des Spürens und die Tragik hinter dem, was recht
und richtig scheint. Ihre Sätze sind voller Melodie, kein Wort ist
zufällig, wenn sie vom Leben und Lieben in der Abgrenzung erzählt.
Eine Veranstaltung des Kulturvereins Blaues Fenster.